Design Stories

Mixu: Gestalten Sie selbst

28 April 2021
Mixu: Gestalten Sie selbst

Gensler ist ein internationales Architektur-, Design- und Planungsbüro mit 50 Standorten weltweit und einem Netzwerk von mehr als 6000 Mitarbeiter:innen in Asien, Europa, Australien, dem Nahen Osten sowie Nord- und Südamerika. Das 1965 gegründete Unternehmen betreut mehr als 3500 aktive Kunden aus den unterschiedlichsten Branchen. Gensler hat es sich zur Aufgabe gemacht, Lebens-, Arbeits- und Freizeiträume zu gestalten, die nicht nur inspirierend wirken, sondern auch anpassungsfähig und langlebig sind. Hier sprechen wir mit Gensler über das Konzept und den Designprozess von Mixu.

Wie kam es zu dem Konzept für Mixu?

Als wir das Projekt zusammen mit Arper starteten, ging es darum, einen Kunststoffstuhl zu entwerfen, der sich für verschiedene Bereiche – vom Arbeitsplatz über die Gastronomie bis hin zum Privatbereich – eignen sollte. Aufgrund der Größe von Gensler haben wir Zugang zu vielen unterschiedlichen Designperspektiven und Meinungen, die wir in der konzeptuellen Phase nutzen können. Zunächst sprachen wir mit Designer:innen aus verschiedenen Disziplinen über Kunststoffstühle und die damit verbundenen Anforderungen und Wünsche. In den Antworten zeigte sich eine gewisse Ambivalenz gegenüber Plastikstühlen: Kunststoffstühle werden in der Regel in einer begrenzten Anzahl festgelegter Farben und Ausführungen angeboten, die oft als einschränkend empfunden werden, wenn es darum geht, stimmige Konzepte für Kunden zu entwickeln. In den von uns durchgeführten Interviews wurde deutlich, dass ein aus Kunststoff gefertigter Stuhl weder ein Gefühl von Handwerkskunst noch von humanistischen Qualitäten vermittelt. Uns wurde klar, dass wir einen Stuhl kreieren mussten, der Designer:innen eine gewisse Gestaltungsfreiheit bietet sowie eine handwerkliche Qualität vermittelt. Auf der Basis dieser Erkenntnisse entwickelten wir gemeinsam ein Gestaltungskonzept, bei dem das Prinzip der Anpassungsfähigkeit an Kundenwünsche im Fokus stand.

© Courtesy of Gensler | Gensler Los Angeles Office © Gensler/Ryan Gobuty

Welche Aspekte waren für Sie als Designer:innen in der Zusammenarbeit mit Arper wichtig?

Für uns war besonders interessant, dass die Produkte im Portfolio von Arper eine kohärente Familie darstellen, zueinander passen und fließend miteinander kombiniert werden können. Sie sprechen die gleiche Sprache, und das war ein wirklich wichtiger Aspekt im Designprozess. Wir sind in diese Gestaltungssprache eingetaucht, um sie wirklich zu verstehen. Das war der Schlüssel zum Design von MIXU. Die Randbedingungen, die überlappende Geometrie, die Art der Krümmung, der nuancierte Winkel des Sitzes, die Art und Weise, wie Verbindungselemente gestaltet sind, wie die Dinge über verschiedene Plattformen hinweg konstruiert wurden: Jede Designentscheidung, die wir während des Entwicklungsprozesses getroffen haben, war in gewisser Weise eine Reflexion über die Arbeit von Arper in Bezug auf Design und Kuration.

Was war die Inspiration für das Design?

Aufgrund der von uns durchgeführten Interviews fanden wir heraus, dass das, was wirklich gebraucht wurde, ein Gefühl des Autorendesigns war. Wir wussten, dass wir ein Design entwickeln mussten, das in Bezug auf Materialien und Farben Innenarchitekt:innen oder Planer:innen einen gewissen Grad an eigenen Gestaltungsmöglichkeiten eröffnet. Diese Erkenntnis bildete die Inspirationsquelle für Mixu – vom Konzept über die Gesamtform bis hin zu den Verbindungselementen. Mit Mixu haben wir einen Stuhl entworfen, der es erlaubt, frei zu kombinieren – eine Art Baukastenprinzip, bei dem man Elemente spielerisch austauschen und kombinieren kann. Dieses System sollte sowohl dem End-Kunden als auch Innenarchitekt:innen eine gewisse Entscheidungsfreiheit einräumen. Sie sollten die Möglichkeit haben, den Stuhl exakt an die eigenen Bedürfnisse anpassen und eine breite Palette von Anwendungsmöglichkeiten bedienen zu können – von Technologie-Firmen über das Gastgewerbe bis hin zum Privatbereich und Büro.

© Gensler London Office © Johan Dehlin; Salva Lopez

Welche verschiedenen Materialoptionen gibt es im Mixu-System?

Die einzelnen Komponenten sind in fünf verschiedenen Materialien erhältlich, die sich zu nahezu unzähligen Designlösungen kombinieren lassen: Holz, Metall und Kunststoff sowie gepolsterte Leder- und Textilausführungen. Jedes dieser Materialien hat seine eigenen Konnotationen – Holz wirkt natürlich und warm, während Kunststoff verspielt sein kann. Eine gepolsterte Rückenlehne in Kombination mit Holzbeinen eignet sich hervorragend für anspruchsvolle, seriöse Interieurs, während Metallbeine mit Sitz und Rückenlehne aus Kunststoff eher in Cafés, Pausen- oder anderen Räumen im Freizeitbereich zum Einsatz kommen. Der leitende Gedanke war, einen Stuhl anzubieten, der so flexibel gestaltet und kombiniert werden kann, dass er sich für viele verschiedene Szenarien eignet.

Wie wird der Aspekt der Nachhaltigkeit in diesem Design umgesetzt?

Es war von Anfang an klar, dass Zerlegbarkeit ein wichtiger Faktor bei der Gestaltung von Mixu sein würde. Auch wenn wir gerne glauben wollen, dass unsere Produkte für die Ewigkeit geschaffen sind, sieht die Realität doch anders aus – wir ziehen um, Dinge verändern sich, Einzelteile gehen kaputt. Wir wollten etwas schaffen, das allein durch das Entfernen weniger Schrauben problemlos zerlegt werden kann. Nur wenn ein Produkt recycelt, repariert oder restauriert werden kann, ist es wirklich nachhaltig. Dies war ein sehr wichtiger Faktor bei der Gestaltung und Konstruktion der Verbindung zwischen Rückenlehne und Sitz sowie bei der Verbindung zwischen Holzbeinen und Metallrahmen. Wir haben das Prinzip der Nachhaltigkeit auch bei der Auswahl der Materialien konsequent angewandt und uns für post-industriellen, recycelten Kunststoff, FSC-zertifiziertes Holz sowie für einen robusten und langlebigen Kunststoff entschieden, der die Lebensdauer des Stuhls verlängert und Abfall reduziert.

© Gusto San Francisco, Rafael Gamo; Salva Lopez

Warum war es für Sie wichtig, bei diesem Design recycelte Materialien aus der Industrie zu verwenden?

Es war ganz einfach die richtige Entscheidung. Durch die Verwendung von postindustriellen Recycling-Materialien können wir uns, was das Mantra "Reduce, Reuse, Recycle“ betrifft, auf „REDUCE“ konzentrieren. Wenn die Materialien, die für das ursprüngliche Produkt genutzt werden, wieder zurück in die Produktion geführt werden, dann reduziert das die Nachfrage nach neuen Materialien und verringert den Kohlenstoff-Fußabdruck des Produkts. Letztendlich steht dies auch im Einklang mit der von uns eingegangenen Verpflichtung – der Gensler Cities Climate Challenge (oder GC3) – innerhalb eines Jahrzehnts für alle unsere Projekte Kohlenstoffneutralität zu erreichen.

Was war die Inspiration für die Silhouette des Stuhls?

Wir wollten eine Form schaffen, die sich harmonisch in die bestehende Kollektion von Arper einfügt. Dabei haben uns besonders die überlappenden Geometrien interessiert, die in vielen Entwürfen vorkommen. Daher haben wir um den Sitz zweifach geschwungene Linien entworfen, was die Kanten weicher wirken lässt. Die geschwungenen Linien erzeugen eine ruhige Präsenz und Atmosphäre. Um die überlappenden Geometrien, die Teil des visuellen Vokabulars von Arper sind, zu spiegeln, haben wir eine kleine Überlappung in der Ecke des Stuhls entworfen. Es ist die Idee der perfekten Unvollkommenheit – kein perfekter Kreis oder ein perfektes Rechteck, sondern eher etwas nahezu perfektes, was dem Design eine menschliche Qualität verleiht.