Design Stories

Technologie Im Dienst

25 May 2012
Technologie Im Dienst

Ohne technologisches Experimentieren gibt es keine Innovation, nur so werden bestehende Grenzen gesprengt und neue Möglichkeiten eröffnet – immer auf der Suche nach einer Antwort auf die Frage: Was können Maschinen besser als die menschliche Hand? Eine grundlegende Frage, die leicht zur Falle wird, wenn man der Faszination des Innovativen erliegt und das eigentliche Ziel aus den Augen verliert: Denn ein Produkt ist nur dann gut, wenn es auch für jene verständlich ist, die nicht in seine Entwicklung einbezogen waren. So faszinierend es sein kann, eine neue Technologie zu entwickeln, zwei Fragen dürfen wir nie aus dem Bewusstsein verlieren: Welches ist der Zweck dieses Gegenstands? Und: Wer soll ihn benutzen? Wir finden: Technologie sollte zu einem Ergebnis führen – und nicht schon das Ergebnis sein.Wir suchen nach einer Technologie, die das Wesen eines Werkstücks noch besser herausarbeitet – und zugleich die Beziehung zwischen Gegenstand und Mensch verbessert. Idealerweise ist diese Technologie unsichtbar, intuitiv und still. Sie sollte flüstern, nicht schreien. Eine Tänzerin verführt uns durch die Anmut ihrer Bewegungen und verbirgt die Anstrengung ihrer Muskeln. So wie die Technik des Tanzes unsichtbar bleibt, je mehr wir vom Geist des Augenblicks gefangen werden, so muss auch die Technologie nahtlos mit dem Objekt verschmelzen – für ein reines Erleben. Das ist es, was wir „Soft Tech“ nennen.

Pix Upholstery © Mark Mahaney
Interior structure © Mark Mahaney

Was ist “Soft Tech”?Bei dem Wort “Technologie“ denken wir eher an Fortschritt, Innovation und Weiterentwicklung. Die Vorstellung von Wärme, Persönlichkeit und menschlicher Erfahrung kommt uns hingegen selten. Arper hat eine Designphilosophie entwickelt, die Technologie – digitales Design, Werkzeuge, ausgeklügelte mechanische Funktionen und variable Herstellungsverfahren – auf natürliche Weise in das Design eines Objekts einbindet, ohne dafür menschliche Interaktion oder ästhetische Gesichtspunkte zu opfern. Das Ergebnis ist evident: Formen, die bequem, leicht und lebensnah sind. Das Augenmerk liegt nicht auf dem technischen Aspekt, also wie und warum ein Objekt funktioniert; es ist eher ein immanentes Erkennen der Form. “Soft Tech“ bedeutet nicht Technologie um der Technologie willen, sondern Innovation in Reinform: Technologie im Dienste von Schönheit und menschlicher Interaktion.“Soft Tech“ ist still.Leichtigkeit, Kraft, Intelligenz.

Laser cutting fabric for upholstery © Mark Mahaney

Gutes Design fühlt man manchmal eher, als dass man es sieht. Elegante, anmutige Formen sollten ein Gefühl der Beständigkeit, Tüchtigkeit und Funktionalität vermitteln. Das erreichen wir über verschiedene Verfahren, die einem ObjektStabilität verleihen und zugleich schlanke Profile ermöglichen.Bei Catifa haben wir nach sorgfältiger Auswahl der Materialien einen soliden Unterbau in eine aufwendige, organische Form eingebettet. Catifa 70 verfügt über einen Eisenrahmen in der Polyurethanschale, der die nötige Stabilität verleiht, ohne dafür die schlanken Linien zu opfern. Beim Catifa 46 sind wir technologisch führend: In einem neu entwickelten Zwei-Schichten-Spritzverfahren entstand ein nahtloser zweifarbiger Stuhl. Und für die doppelt gebogene Holzschale des Catifa 53 haben wir auf Know-how bei der Herstellung von Formsperrholz zurückgegriffen und eine Aluminiumgussform verwendet; auf diese Weise erhält die Schale ausreichend Stabilität und benötigt keine zusätzlichen Strukturverstärkungen.Beim Hydroforming wird ein Stahlrohr mittels Wasser und hoher Drucke der Gussform angepasst – ein Verfahren, durch das man eine komplexe, spezifische Form mit hoher Widerstandsfähigkeit erhält und das wir bei der Herstellung der Beine für Saari anwenden. Die Beine können dann mit Furnier oder Stoff bezogen werden, so dass Stabilität und Tragkraft des Metallbeins nach außen hinter der Feinheit und Weichheit eines Holz- oder Stoffbe-zugs verschwinden.

Hydroformed tube legs © Mark Mahaney

Selbst wenn die Funktion sich nicht ganz verbergen lässt wie bei der unter der Sitzfläche verborgenen Höhenverstellung des Hockers Babar, bleibt die Technologie an sich unsichtbar.“Soft Tech“ verbindet Technologie mit HandarbeitWie in jeder guten Ehe kann aus der Verbindung zweier Elemente ein starkes Ganzes hervorgehen. Bei Nuur ermöglicht das Druckgussverfahren ein Höchstmaß an visueller Leichtigkeit, formaler Kontinuität und fließenden Linien. Und es ermöglicht eine unglaublich dünne Tischplatte, die durch eine unsichtbar darunter angebrachte Rippe die nötige Stabilität erhält. Der Rahmen, der aus Querbalken und Kopfband besteht, gestattet die Herstellung einer Vielzahl von Größen aus wenigen Basisteilen.Verschiedene Technologien werden für diese Form zu einer geschlossenen visuellen Einheit kombiniert: Aluminiumeinspritzung für das ummantelte Bein und stranggepresste Aluminiumstreben, um die Tischlänge zu stützen. Um diese formale Geschlossenheit zu erreichen, wird jedes Teil einzeln hergestellt, montiert und angepasst, nachbearbeitet und mit einer Toleranz von weniger als einem Millimeter abgefräst. Durch sorgfältige Kombination entsteht eine perfekte Verbindung.

Engineered joints Nuur © Marco Covi

“Soft Tech” bedeutet manchmal Low Tech. Oder No Tech. Auch im digitalen Zeitalter ist die beste Technologie manchmal die älteste, deren Potenzial sich über die Jahrtausende immer weiterentwickelt hat: die menschliche Hand. Der Handwerker schafft die fließenden Formen von Pix, Loop und Duna aus einem umfangreichen Katalog nichtelastischer Stoffe, die unter meisterhafter Beachtung der Details und der individuellen Beschaffenheit eines jedes Stücks miteinander vernäht werden. Und für die organische Form von Leaf wurde eine Schablone entwickelt, mit deren Hilfe die einzelnen Blattrippen manuell gebogen, platziert und verlötet werden können, in unterschiedlicher Länge und Form. Beim fertigen Produkt weist nichts mehr auf die Technologie hin, es bleiben Formen, die natürlich, schön und vertraut sind: das Gefühl von Natur, intuitiv und emotional – eine Technologie fern der Maschinen.