Design Stories

Eine Studie in Leichtigkeit und Geometrie

25 March 2024
Eine Studie in Leichtigkeit und Geometrie

Nipa Doshi und Jonathan Levien sprechen über den Designprozess für den von ihnen entworfenen Sessel Lepal, der mit seiner skulpturalen Form einen persönlichen Rückzugsort bietet und bei dessen Entwicklung umweltschonende Prinzipien berücksichtigt wurden. 

Woher kam die Idee, einen Sessel zu entwerfen?

 

 

JL: Der Sessel bietet die Möglichkeit, einen Raum zu definieren. Wenn man ihn im Kontext unserer Kollektion für Arper – zu der auch das Sofa Shaal und die Roopa Tische gehören – betrachtet, hat er die Funktion, einen persönlichen, privaten Ort innerhalb eines Raums zu schaffen. Wir denken dabei an den gesamten Raum, in dem jedes Möbelstück eine bestimmte Rolle spielt.

 

ND: Die Idee war, eine Umgebung zu schaffen, die hybrid sein kann und in vielen unterschiedlichen Räumen funktioniert. Wie gestaltet man eine Familie von Objekten, die zusammen einen Raum definieren? Es geht nicht darum, Dinge zu kreieren, die zusammenpassen, sondern vielmehr darum, eine abwechslungsreiche Umgebung zu ermöglichen. Die Stücke können gut zusammen funktionieren, müssen aber nicht unbedingt gleich aussehen.

Erzählen Sie uns etwas über den Entwurfsprozess zum Sessel Lepal.

 

 

JL: Ein Sessel wird durch seinen Rahmen definiert, das Zentrum des Stuhls, und damit fange ich normalerweise an. Von dieser Basis ausgehend habe ich mit Karton gearbeitet, um die Form zu entwickeln. Dazu gehörte auch das Ausschneiden von Schablonen. Wir mussten das Ganze dann in eine weichere Form übertragen, die man gießen kann. Die Formensprache entstand mit Hilfe des Kartons und der Entwicklung dreidimensionaler Formen aus zweidimensionalen Oberflächen. Gleichzeitig zeichnet Nipa den Sessel und erforscht dabei, was sie an dem Design besonders liebt – die Ideen kommen von uns beiden.

 

ND: Das haptische „Machen“ ist ein so wichtiger Teil unseres Prozesses. Ich glaube, die Formen sind so, wie sie sind, weil Jonathan sie tatsächlich mit der Hand herstellt. Wenn man etwas auf diese Weise macht, dann spielt auch der Zufall eine Rolle, es passieren unerwartete Dinge. Wir definieren die Form durch 3D-Druck und senden sie dann an Arper.

Wie unterscheidet sich dieser Sessel von anderen?

 

 

JL: Während unseres Designprozesses versuchen wir, eine visuelle Identität und einen individuellen Charakter zu definieren. In diesem Fall wollte ich eine starke Geometrie entwickeln – die Vertikalen und Horizontalen sind sehr ausgeprägt. Aber man muss das mit sinnlichen und organischen Eigenschaften ausbalancieren. Es ist ein Gleichgewicht.

 

ND: Was die Identität des Entwurfs betrifft, so wollten wir, dass er vertraut wirkt. Ohne nostalgisch zu sein, ging es uns darum, dass dieses Design an einen Stuhl erinnern sollte, den man in einem Vintage-Laden finden kann. Wir wollen Objekte schaffen, an denen man lange Zeit Freude hat, das ist für mich sehr wichtig. Die Langlebigkeit des Möbels ist der entscheidende Punkt – es geht um Handwerkskunst, Proportionen, Ausgewogenheit und Attraktivität.

© Salva Lopez
© Salva Lopez
© Salva Lopez

Wie haben Sie sichergestellt, dass bei der Entwicklung des Sessels auch Umweltkriterien berücksichtigt wurden?

 

 

ND: Einer der wichtigsten Punkte bei der Entwicklung von Lepal war die Typologie, aber auch die Frage: Wie kann man einen Sessel ohne den Einsatz von Klebstoff herstellen? Bei den meisten Polstermöbeln wird er verwendet, doch wenn Stoff auf Oberflächen geklebt wird, kann man diese Komponenten normalerweise nicht mehr voneinander trennen. Der Umweltgedanke stand sowohl bei der Auswahl der Materialien als auch bei der Konstruktion im Vordergrund. Einzelne Komponenten können repariert und ausgetauscht werden. Darüber hinaus ist es ein kompaktes Möbel.

 

JL: Bei einem gepolsterten Sessel wird normalerweise Klebstoff auf den konkaven Flächen verwendet, wo der Stoff in Form gebracht werden muss. Um das zu vermeiden, verwenden wir ein eingebettetes Polster. Es hat die Funktion, den gesamten Stoff in die konkave Schale zu ziehen.

Erzählen Sie uns etwas über die Formen des Sessels und über die Gefühle, die er vermitteln soll.

 

 

JL: Das Gefühl der Leichtigkeit ist für uns sehr wichtig, wenn wir Möbel für Arper gestalten. Das Untergestell trägt zu diesem Gefühl der Schwerelosigkeit bei. Die Form des Sessels ist ein Spiegelbild des Untergestells. Die ersten Prototypen hatten einen Rahmen, der die Stuhlform umschloss, bis wir erkannten, dass ein A-Rahmen notwendig war, um die Idee des Schwebens und Drehens zu vermitteln und ein Gefühl von Leichtigkeit zu erzeugen.

 

ND: Der Sessel wirkt elegant, ist aber im Sinne von Technologie und Herstellung ausgesprochen zukunftsorientiert und das sieht man ihm auch an. Arper war in der Lage, unsere Ideen umzusetzen und aufkommende Gestaltungsprobleme zu lösen. Dieser Stuhl ist sehr skulptural, er hat eine harte Schale mit weichen Polstern, er ist bequem und bietet Privatsphäre. Wir haben das mit einem leicht anmutenden Gestell mit A-förmig ausgestellten Beinen kombiniert, so dass es sich anfühlt, als ob der Sessel freitragend wäre. Ich stelle mir das Möbelstück in eher sanfteren Farbtönen vor.

Lassen Sie uns über die Funktionalität von Lepal sprechen. Wo können Sie sich das Möbelstück vorstellen?

 

 

JL: Lepal ist universell. Wenn man etwas aus einer einzigartigen Idee heraus entwirft und dann durch den Prozess des „Machens“ weiterentwickelt, entsteht ein Objekt von universeller Anziehungskraft.

 

ND: Wir wollen Möbel entwerfen, die sowohl im Wohnbereich als auch im Büro funktionieren. Wir haben uns gefragt, wie man ein Gefühl der Weichheit in eine Arbeitsumgebung oder einen öffentlichen Raum bringen kann. Aufgrund der skulpturalen Form des Stuhls kann ich mir vorstellen, dass er im Ensemble eingesetzt wird. Ich sehe ihn in Co-Working-Spaces ebenso wie in Hotelumgebungen und in Lobbys. Egal, aus welchem Blickwinkel man ihn betrachtet, er sieht immer gut aus.

© Salva Lopez

Was hat Ihnen bei der Entwicklung von Lepal an der Zusammenarbeit mit Arper gefallen?

 

 

JL: Wir glauben, dass es immer einen Weg gibt, eine gute Idee zu verwirklichen, und das gilt besonders für die Zusammenarbeit mit dem Ingenieurteam von Arper. Ich dachte an ein zweiteiliges Modell, aber das Arper Team war davon überzeugt, dass sie die Schale in einem Stück formgießen können. Die Arper Mitarbeiter:innen sind sehr engagiert, wenn es darum geht, das zu realisieren, was uns vorschwebt.

 

ND: Arper geht sehr überlegt und gründlich vor. Im technischen Teil werden aufkommende Probleme gelöst und das Forschungsteam ist einfach großartig. Ich denke hier zum Beispiel an die Faltung des Stoffes, wodurch wir keinen Klebstoff verwenden müssen. Das ist alles ein Lernprozess.

Was gefällt Ihnen an diesem Sessel besonders?

 

 

JL: Für mich ist es die Geometrie im Gleichgewicht mit dem organischen, sinnlichen Aspekt – eine wirklich gelungene Balance.

 

ND: Für mich ist es der Aspekt der Verarbeitung. Ich liebe die Materialkombination. All die kleinen Details. Wenn man ein Möbel zu Hause hat, weiß man die schönen Details und die raffinierte Handwerkskunst umso mehr zu schätzen, je öfter man es benutzt.