Design Stories

Ichiro Iwasaki on Kiik

11 April 2018
Ichiro Iwasaki on Kiik

Ichiro Iwasaki lebt und arbeitet in seiner Heimatstadt Tokio und verfügt zudem über einen italienischen Designhintergrund. Seine Gestaltungspraxis reicht von Haushaltsgegenständen über elektronische Geräte bis hin zu Möbeln: nicht zuletzt Arpers beliebte Pix-Serie. Hier spricht er über die Entstehung von Kiik, seiner neuesten Kollektion für Arper.

Welche Inspirationsquellen gab es für das Design von Kiik?

Die Idee zu Kiik kam mir beim Blick auf öffentliche Räume wie Parks, Museen oder Flughäfen – Orte wo viel Bewegung herrscht. Solche Räume sind heute voller Dynamik und Aktivität. Sie dienen vielfältigen Zwecken: Aktiv-Sein und Pausieren, Ruhe und Bewegung, Arbeit und Privatleben, Entspannung und Konzentration. Man sieht wie die Leute herumstehen und miteinander reden, wie sie telefonieren, sich an die Wand lehnen, am Laptop arbeiten oder sich ausruhen. Herkömmliche Mehrsitzer werden der Bandbreite heutiger Nutzungsformen einfach nicht mehr gerecht. Kiik schon, denn Kiik ist für das moderne Leben gemacht. Kiik ist ein Modulsystem, das alles möglich macht: sitzen, stehen, liegen, reden, lesen, schreiben, essen, warten, denken oder was auch immer. Die aktuellen Anforderungen an öffentliche Bereiche zu verstehen und zu beobachten, wie die Menschen mit ihnen umgehen – das waren die Inspirationsquellen für Kiik.

Für welche Bereiche ist Kiik gedacht?

Kiik ist so exibel, dass es in den unterschiedlichsten Kontexten zum Einsatz kommen kann. In großen oder kleinen Räumen, zu Hause und im öffentlichen Bereich, zum individuellen Gebrauch oder für Gruppen. In meiner Vorstellung bietet Kiik Raum zu Erholung und Spiel genauso wie zu Arbeit und Lernen.

Courtesy of Iwasaki Design StudioCourtesy of Iwasaki Design Studio
Courtesy of Iwasaki Design Studio

Was ist die Idee hinter dem ottoman von Kiik?

Die meisten Sofasysteme funktionieren additiv: ein Teil wird an das andere gestellt. Mit Kiik wollten wir diesem Konzept etwas entgegensetzen. Kiik sollte exibler sein. Deshalb haben wir die Kiik-Serie so angelegt, dass jedes einzelne Modul auch allein stehen kann, oder eben im Verbund mit anderen. Das Design von Kiik lässt grenzenlose Kombinationsmöglichkeiten zu und passt damit in ganz verschiedene Kontexte. Insofern geht es bei Kiik mehr um Skalierbarkeit als um Modularität.

Wie würden Sie die geometrische Formensprache von Kiik beschreiben?

Wir wollten ein System entwerfen, das sich so einfach handhaben lässt, als wenn man mit Bauklötzen spielt. Aus diesem Wunsch nach unkomplizierter Kombinier- und Skalierbarkeit ergaben sich dann wie von selbst einfache geometrische Gestaltungsformen. Ein intuitives Formgefühl und der Wunsch nach einem räumlichen Flow führten zu einer einfachen Geometrie der Formen.

Wie sind Sie auf die Idee mit den verschiedenen Ablage- und Arbeits ächen gekommen?

Moderne Einrichtung muss exibler werden, um sich den neuen Arbeitsbedingungen anzupassen. In unserem Büro zum Beispiel steht ein hoher, eigens für uns angefertigter Arbeitstisch, an den wir uns stellen, wenn wir neue Projekte besprechen, Skizzen machen oder Entwürfe ansehen. In unserem Büro denken wir oft im Stehen oder im Gehen, und ich sehe das jetzt auch immer öfter bei anderen, und habe die Erfahrung gemacht, dass mir dieser Wandel im Umgang mit dem Raum zu Klarheit im Kopf verhilft und erlaubt, den Gesprächsfaden nie abreißen zu lassen. Deshalb haben wir die Arbeits ächen in Stehhöhe gestaltet. Die Flächen auf mittlerer Höhe und die niedrigeren Ablagen gehören zum Kern der Kollektion und passen zu den Mehrsitzern von Kiik. Aber wir können uns auch die Polsterhocker von Pix gut dazu vorstellen. Man kann die Arbeits ächen natürlich auch als Bürotische mit einem Stuhl davor benutzen. Deshalb haben wir auch an Stromanschlüsse gedacht, die in der modernen Arbeitswelt ja unverzichtbar sind.

© Maria Fallada© Maria Fallada
© Maria Fallada

Was ist die Idee hinter dem ottoman von Kiik?

Bei uns in Japan sitzt man traditionell auf dem Boden. In Asien kann man oft sehen, wie Menschen auf dem Boden oder auf sehr niedrigen Möbeln sitzen. Das führt ganz von allein dazu, dass man eine entspanntere Haltung einnimmt, seine Arme nach hinten ausstreckt etwa. Das Low Seat- Modell von Kiik in Verbindung mit den niedrigen Tischen der Serie lädt dazu ein, eine offene und entspannte Haltung einzunehmen. Kiik bietet also Optionen für alle Haltungen an: Stehen, aber auch Sitzen in verschiedenen Höhen, und lässt damit eine Unzahl von Blickwinkeln und Perspektiven zu. Ich denke, so sollte man modernes Sitzen gestalten, denn so kann man auf alle Anforderungen eingehen.

© Eva Palomar© Eva Palomar
© Eva Palomar

Was verbindet Pix mit Kiik? Wie hat sich Ihre Zusammenarbeit mit Arper, für die Sie beide Kollektionen entworfen haben, mit der Zeit entwickelt?

Pix wie Kiik sind dazu gedacht, Menschen zusammenzubringen. Und beide sind Modulsysteme. Außerdem gibt es bei beiden die Grundidee von Größe und Verhältnis – der Abstand zwischen den einzelnen Nutzern, das Verhältnis von Nutzer zu Möbel. Größenverhältnisse und Proportionen haben viel damit zu tun, wie wir miteinander interagieren. In den zehn Jahren, die wir jetzt für Arper arbeiten, hat sich unser Gestaltungsansatz nicht verändert. Wir fragen uns: Was sollen wir entwerfen und – noch wichtiger – warum? Wir haben ein gemeinsames Ziel, auch wenn wir aus verschiedenen Kulturen kommen. Deshalb führen wir einen sehr gehaltreichen Dialog, denn wir versuchen jeweils den Blickwinkel des anderen zu verstehen. Unser Verhältnis zu Arper ist sehr ehrlich und deshalb sehr angenehm. Neugier und Wertschätzung, beides verbindet uns.